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Historische Stätte, Schelklingen-Hütten

Kaspar Schwenckfeld von Ossig

Kaspar Schwenckfeld war ein schlesischer Reformator, der von den Glaubenssätzen Martin Luthers abwich und darum seine Heimat verlassen musste. Mehrere Jahre fand er auf der Burg Justingen Zuflucht.

Kaspar Schwenckfeld von Ossig (1489–1561): evangelischer Glaubensflüchtling auf Burg Justingen

Kaspar Schwenckfeld entstammte einem alten schlesischen Adelsgeschlecht. Nach dem Studium des kanonischen und bürgerlichen Rechts an den Universitäten Köln und Frankfurt an der Oder war er Hofjunker an verschiedenen schlesischen Herzogshöfen und schließlich von 1521–1523 Hofrat des Liegnitzer Herzogs Friedrich II.

Nach einem Aufenthalt bei Luther in Wittenberg 1522 wurde er Anhänger des lutherischen Protestantismus. Im schlesischen Liegnitz versuchte er die neue Lehre einzuführen. Aber schon bald entwickelte er von Luthers Lehre abweichende Vorstellungen, besonders wendete er sich gegen die Behauptung der realen Anwesenheit Jesusʼ beim Abendmahl, da er Jesus ausschließlich als Gott ansah. Schwenckfelds Theologie wollte nicht starren, schriftlich festgehaltenen, Dogmen folgen, sondern betonte die innere Eingebung (das „innere Wort“): man müsse die Gnade Gottes „geistlich Erfühlen“. Durch die wissenschaftliche Theologie wird Schwenckfelds Lehre deshalb dem sogenannten Spiritualismus zugeordnet.

In der Praxis war Schwenckfelds Theologie ein noch radikalerer Bruch mit der katholischen Vergangenheit wie diejenige Luthers. Beide stimmten darin überein, dass die Bibel die Grundlage für den evangelischen Glauben sein solle. Schwenckfeld wendete sich aber nicht nur wie Luther gegen die offen sichtbaren religiösen Bräuche (Beichte, Heiligenverehrung, Bildtafeln und Statuen in der Kirche, Rosenkranzbruderschaften, Pilgerfahrten, Flurprozessionen), sondern stellte das gesamte Gebäude der Anstaltskirche (Max Weber, Herrschaftssoziologie) in Frage: so stellte er sich gegen den Kirchgang und die Anstellung von Ortspfarrern im Allgemeinen, weiterhin war er ein Gegner der Kindertaufe, des Abendmahls, der Sonntagsheiligung (die Schwenckfelder arbeiteten auch Sonntags), des Fleischverbots am Freitag, usw.

Nach seiner Vertreibung aus Schlesien 1528 hielt er sich an verschiedenen Orten auf: zunächst wandte er sich nach Straßburg, dann nach Schwaben, an den Rhein und nach Esslingen, wo er bei Freunden und Gönnern Schutz vor den ständigen Verfolgungen fand. In Ulm erhielt er 1535–1539 Unterkunft im Hause des Bürgermeisters Besserer und der Ärztin Agatha Streicher.

Schwenckfeld auf Burg Justingen 1540–1547

1539 verließ Schwenckfeld Ulm und bezog 1540 als Stützpunkt die Burg Justingen der Freiherren von Freyberg. Wenngleich Schwenckfeld viel auf Reisen war, um seine Lehre zu verbreiten und um mit Gleich- und Andersgesinnten zu disputieren, blieb Schloss Justingen doch der Mittelpunkt seines Lebens bis zum sogenannten Schwenckfeldischen Krieg von 1547, d.h. der Vertreibung Georg Ludwigs von Freyberg des Jüngeren aus seiner Herrschaft durch Truppen Kaiser Karls V. Die Herrschaft wurde dem Freiherren erst auf längeres Bitten und Zahlung von 20.000 Gulden zurückgegeben.

Er unterrichtete die beiden Söhne Georg Ludwigs von Freyberg (* 1507, † vor 30.10.1562) Michael Ludwig (* um 1525, † vor 20.12.1582) und Ferdinand (* um 1525, † nach 19.4.1583). Auf Burg Justingen bewohnte Schwenckfeld eine „cella“, wie er beiläufig erwähnt. Seine Hauptbeschäftigung bestand im Schreiben von ungefähr 50 Büchern und über 200 Briefen.

Schwenckfeld verstarb am 10.12.1561 in Ulm im Haus der Agatha Streicher im Alter von 71 Jahren.

Literatur

Eberlein, Paul Gerhard (2002): Caspar von Schwenckfeld (1489–1561): Reformator, Flüchtling und Schriftsteller in Oberdeutschland, Ulm, Öpfingen und Justingen. In: Wolfgang Schürle (Hrsg.), Bausteine zur Geschichte. Bd. 1: Kleinode aus vier Jahrhunderten. Alb und Donau. Kunst und Kultur, Bd. 30. Stuttgart-Degerloch, S. 7–30.

Gritschke, Caroline (2006), ,Via Mediaʼ: Spiritualistische Lebenswelten und Konfessionalisierung: Das süddeutsche Schwenckfeldertum im 16. und 17. Jahrhundert. Colloquia Augustana, Bd. 22. Berlin.

Schultz, Selina Gerhard (1947), Caspar Schwenckfeld von Ossig (1489–1561): Spiritual Interpreter of Christianity, Apostle of the Middle Way, Pioneer in Modern Religious Thought. Norristown PA: The Board of Publication of the Schwenckfelder Church.

Weber, Franz Michael (1962), Kaspar Schwenckfeld und seine Anhänger in den freybergischen Herrschaften Justingen und Öpfingen: Ein Beitrag zur Reformationsgeschichte im Alb-Donau-Raum. Veröffentlichungen der Kommission für Geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg. Reihe B: Forschungen, Bd. 19. Stuttgart: Wilhelm Kohlhammer.

Weblink

https://de.wikipedia.org/wiki/Kaspar_Schwenckfeld

Text: Dr. Franz Rothenbacher

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